S t a n d p u n k t e


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Ich ergreife Partei

Sobald israelische Angriffe auf Hamas-Terroristen in Gaza die ersten Opfer fordern, kennt die globale Empörung kein Halten mehr.

In ganz Europa wird gegen Israel marschiert. In Wien demonstrieren 11.000 gegen das einzige demokratische Land im Nahen Osten (sogar 30.000, wenn man den Veranstaltern glaubt). In Paris versperren muslimische und rechtsradikale Antisemiten Juden den Ausgang aus einer Synagoge, die Reihen dicht geschlossen. Dass Juden im 21. Jahrhundert mitten in einer europäischen Metropole von einem randalierenden Mob gefangen gehalten werden und um ihr Leben fürchten müssen, ruft hierzulande weniger Empörung hervor als der Text einer unnötigen Hymne, gesungen von einem unnötigen Sänger. Genau genommen gar keine.

Eine halbe Million Tote und 2,5 Millionen Vertriebene im Sudan. Unzählige Tote in Syrien und mehr als 1 Million syrischer Flüchtlinge, die im Libanon unter entsetzlichen Bedingungen ihr Dasein fristen. Die Massaker der ISIS, der nicht enden wollende Terror der Boko Haram. Verfolgte Christen von Ägypten bis Sudan. Vasallen Putins, die ein Flugzeug mit 289 Passagieren vom Himmel holen. Die Aufzählung des Schreckens ist beliebig fortsetzbar. Wer warnt vor der Spirale der Gewalt? Wer ruft zur Mäßigung auf? Wer fordert den Schutz der Zivilbevölkerung? Wo bleiben die Massendemonstrationen? Vergeblich warten weltweit hunderttausende Opfer von Verfolgung und Vertreibung, Verstümmelung und Mord, auf flammende Appelle Ban Ki-moons, auf Hilfe und moralische Unterstützung.

Auch weil das Schweigen der Weltöffentlichkeit zu nahezu jedem Verbrechen auf dieser Erde ohrenbetäubend in meinen Ohren gellt, kann ich die scheinheiligen Friedensmahner schwer ertragen, die jetzt wieder überall das Wort ergreifen. Die sich nicht dazu äußern, wenn die Hamas tausend Raketen auf Israel abfeuert, aber in einem israelischen Wohnblock die größte Gefahr für den Weltfrieden wittern. Die nie auch nur ein einziges Mal die antisemitische Hetze in palästinensischen Medien und Schulbüchern monieren aber jedes Mal verlässlich zur Stelle sind, wenn es gilt, Israel zu mahnen. Die mir vorwerfen, nicht neutral sondern parteiisch zu sein. Selbstverständlich bin ich parteiisch! Wie kann man das denn nicht sein?

Auf der einen Seite steht eine islam-faschistische Terrororganisation, für deren Mitglieder, Anhänger und Mitläufer die Vernichtung von Juden identitätsstiftend ist. Die korrupten Despoten verwenden Geld, mit dem sie von der Weltgemeinschaft überschüttet werden, für die Bezahlung von Judenmördern anstatt für Infrastruktur und Bildung. Frauen gelten nichts. Oppositionelle werden verfolgt und ermordet. Schwule werden verfolgt und ermordet. Sie verstecken sich hinter ihren Frauen und Kindern, opfern sie mit zynischem Kalkül für ihre Propaganda. Sie feiern ihre Mörder als Helden anstatt sie zur Rechenschaft zu ziehen. Sie lieben den Tod mehr als das Leben. Wenn der Staat, den sie wollen, jemals Wirklichkeit wird, gibt es einen Unrechtsstaat mehr, in dem das Kollektiv alles und der einzelne nicht das Geringste gilt.
Auf der anderen Seite steht die einzige Demokratie im Nahen Osten. Ein Rechtsstaat, der so gut funktioniert, dass selbst Regierungsangehörige strafrechtlich belangt werden, wenn sie sich etwas zuschulden kommen lassen. In dem Araber mehr Rechte genießen als in jedem arabischen Land. Mit emanzipierten Frauen und Love Parades. Eine High-Tech Oase der Bildung und des Wissens. Mit einer Armee, die mehr als jede andere in der Geschichte versucht, zivile Opfer auf Seiten des Gegners zu vermeiden. Ein Land, das denen, die es vernichten wollen, gratis Strom liefert und in seinen Krankenhäusern deren Kranke und Verwundete versorgt. Ein Land, das jedes Leben so sehr schätzt, dass es lieber Dutzende Mörder freilässt als ein einziges wissentlich zu opfern.

Nur ein Lump kann in diesem Konflikt neutral sein. Nur ein Lump bewahrte zwischen Hitler und der freien Welt Äquidistanz. Niemand mit einem Funken Anstand im Leib hätte zu den Verbrechen der Nationalsozialisten geschwiegen und gleichzeitig von Roosevelt die Rechte der Schwarzen eingefordert oder bei Churchill den Schutz der deutschen Zivilbevölkerung eingemahnt.

Und nur ein Lump macht die Solidarität mit Israel davon abhängig, ob er mit dessen demokratisch gewählter Regierung einverstanden ist oder nicht. Ein Land, das von Nachbarn umgeben ist, die schon am Tag seiner Gründung darüber hergefallen sind und es lieber heute als morgen aus den Seiten der Geschichte löschen möchten, ein Land, das ständig um seine schiere Existenz kämpfen muss und trotzdem demokratisch und zivilisiert geblieben ist, ein solches Land hat sich jede Unterstützung und jede Sympathie verdient. Egal welcher politischen Couleur man anhängt. Ich möchte mir lieber nicht vorstellen, was aus Österreich würde, wenn jahrelang tagtäglich Raketen von Slowenien auf Kärnten herab regneten.

Ich halte den Sieg über die Hamas für eine unabdingbare Voraussetzung für Frieden. Wer Empathie für die palästinensische Bevölkerung empfindet, muss für die Vertreibung der Mörderbande sein, die sie regiert. Erst nachdem die Nationalsozialisten wenn schon nicht vernichtet so zumindest besiegt waren, konnte auf deutschem Boden ein demokratischer Rechtsstaat entstehen, konnten Deutsche in Frieden und Freiheit leben. Mit der Hamas kann es ebenso wenig Frieden geben wie es mit Hitler Frieden geben konnte. Free Gaza from Hamas.

Ja, ich bin parteiisch in diesem Konflikt. Ich ergreife Partei für Israel und schäme mich dafür, dass so wenige in meinem Land es mir gleichtun. Und noch mit meiner letzten Tinte will ich gegen die Heuchler anschreiben, die es sich in den Feuilletons bequem gemacht haben und aus ihren sicheren, warmen Stuben heraus ebenso anmaßend wie herablassend der israelischen Bevölkerung ausrichten, wie sich diese zu verhalten habe. Gegen die Zyniker, die das Missverhältnis von palästinensischen und israelischen Opfern anprangern, als dürften sich Juden erst ab einer bestimmten Zahl von Toten gegen ihre Vernichtung wehren. Gegen die Antisemiten und deren nützliche Idioten, die das Ende des Judenstaates willentlich betreiben oder unwissentlich in Kauf nehmen. Gegen die Beschwichtiger und Terrorversteher, die kein Wort des Mitgefühls für die Opfer finden, aber für jeden Anschlag und jede Rakete auf Israel eine Begründung parat haben. Gegen die Oberflächlichen, die nicht zwischen Terroristen und einer demokratisch legitimierten Armee unterscheiden können oder wollen. Gegen die moralisch Verwahrlosten, die sich an Israel abarbeiten, um die Schuld ihrer Väter zu relativieren.

Es ist eine Schande, dass dies nicht selbstverständlich ist.


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Verirrt und Verwirrt

Wenn man der Delegitmierung Israels gegenübertritt wird man neuerdings als „Antideutscher“ diffamiert.

Frau Irena Wachendorff, eine nicht nur mir unbekannte Lyrikerin, hatte sich vor einigen Wochen auf der Pinwand eines anderen Facebook Mitglieds über meinen Kommentar zur Gaza Flottille echauffiert. Offenbar ist sie von der Diskussion dermaßen traumatisiert, dass Sie eine Lyriklesung kurzerhand zu einer politischen Diffamierungskampagne umfunktioniert hat. Die „Neue Rheinische Zeitung“ berichtet über diese Lesung. Der völlig abstruse Artikel bezeichnet (nicht nur) mich als „Antideutschen“ und strotzt vor Fehlern und Ungenauigkeiten. Indirekt unterstellt mir der Autor sogar, Frau Wachendorff „mit Kübeln von Unrat angeschüttet“ zu haben. Das hat mich zu folgendem Leserbrief veranlasst:

Liebe Neue Rheinische Zeitung,

Nicht dass ich mich nicht freuen würde, weltberühmt im Rheinland zu werden. Aber Ihr Artikel strotzt dermaßen vor Fehlern und abstrusen Behauptungen, dass ich zumindest jene richtig stellen möchte, die meine Person betreffen.

Ich kenne Frau Wachendorff nicht und bin auch nicht in Facebook mir ihr verbunden. Weder habe ich ihr jemals irgendeine Post geschickt, noch hat sie jemals „einen Text von meiner Internetseite bekommen“. Der von Ihnen zitierte Text ist Teil eines Kommentars, den ich für meinen Blog verfasst habe. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich Frau Wachendorff nicht einmal gekannt (und ich habe nicht den Eindruck, dass ich dadurch etwas versäumt hätte). Wodurch Frau W. auf meinen Kommentar aufmerksam geworden ist, weiß ich nicht.

Herr Hey schreibt, auf Frau Wachendorff wäre „eine Kommentarwelle“ runtergegangen. Von mir hat sie jedenfalls keinen einzigen erhalten. Mein einziger Kontakt zu ihr bestand in wenigen Diskussionsbeiträgen auf der Pinwand eines anderen Facebook Mitglieds, auf der Frau Wachendorff sich wiederholt durch unqualifizierte und diffamierende Kommentare hervorgetan hat. Sie hat auf den Pins anderer Facebook Mitglieder gepostet, nicht ich auf ihrer.

Wer die „Antideutschen“ sein sollen weiß ich nicht. Und schon gar nicht, warum Sie mich dieser Gruppierung zuordnen. Wenn es antideutsch ist, sich gegen die Delegitimierung Israels zu verwahren und mit den Vereinigten Staaten zu sympathisieren, hat sich diese Republik nicht zum Besseren verändert. Es ist nicht allzu lange her, dass sich „Deutschland als Teil des Westens und der europäischen Idee, als Verbündeter der Vereinigten Staaten und Israels“ verstanden hat, wie Richard Wagner schreibt. Nach diesem Verständnis bin ich so deutsch wie ich als Österreicher nur sein kann.

Frau Wachendorff nimmt sich wichtiger als sie ist. Seien Sie versichert, dass meine publizistischen Aktivitäten in keinerlei Zusammenhang mit ihr stehen.

Und das nächste Mal schreiben Sie doch bitte wenigstens meinen Namen richtig. Wenn Sie mich schon mit Mittelinitial benennen: M. für Michael. Damit wenigstens irgendetwas stimmt, was Sie schreiben.

Verwundert,
Thomas M. Eppinger


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Ein Gespenst geht um

Ein Gespenst geht um in der Welt – das Gespenst des Zionismus. Alle Mächte der alten und der neuen Welt haben sich zu einer heiligen Hetzjagd gegen dies Gespenst verbündet, der Papst und der amerikanische Präsident, schwedische Intellektuelle und deutsche Polizisten.

Als ich in einer österreichischen Kleinstadt ins Gymnasium ging, lag Auschwitz gerade einmal 30 Jahre zurück. Die Täter lebten mitten unter uns. Als Richter, Lehrer, Ärzte oder einfache Arbeiter. Es war die Zeit der letzten großen Nazi-Prozesse, die sich meist kurz zusammenfassen ließen: die Täter kamen ungeschoren davon. Angesichts der monströsen Verbrechen der Nazis erschien uns die Normalität des Schweigens außerhalb von Schule und Universität unfassbar. Während die älteren Generationen »einen Schlussstrich ziehen« wollten, quälte uns die Frage nach der Schuld und der persönlichen Verstrickung unserer Eltern und Großeltern in den Massenmord an den Juden. Für einen pubertierenden Jugendlichen war die Vergangenheit damals allgegenwärtig, die Gegenwart eines kleinen Landes im Nahen Osten hingegen weit entfernt. Der Generationenkonflikt lag so viel näher als der Nahostkonflikt.

Aber eines war klar, damals an der Schule und später an der Uni: Niemals würden wir es zulassen, dass jemals wieder ein ähnliches Verbrechen geschehen würde. Weder an den Juden noch an sonst jemandem. In der Praxis hat allerdings schon damals kaum jemand hingesehen, als die Khmer Rouge ein Viertel ihrer Bevölkerung ausgerottet haben. Und als 1994 in Ruanda innerhalb von drei Monaten fast eine Million Tutsis abgeschlachtet wurden – unter dem Schirm der UNO und den Augen der Weltöffentlichkeit – hat es hierzulande nicht einmal für eine Lichterkette gereicht. Hätten die Hutus statt der Tutsis die Berggorillas niedergemetzelt, hätten wir ihnen das sicher nicht so einfach durchgehen lassen. Wie auch immer. Zumindest der Antisemitismus war irgendwann als Thema abgehakt. Erledigt. Wir doch nicht. Nicht unsere Generation. Antisemiten, das waren die anderen, die Gestrigen.

Schnitt.

30 Jahre später ist der Antisemitismus wieder mitten in der Gesellschaft angekommen. Wenn Juden in Europa in ihre Schulen oder Synagogen gehen, müssen sie das unter Polizeischutz tun. England verzeichnet mehr antisemitische Übergriffe als je zuvor in der jüngeren Geschichte. Auf Facebook finden sich tausende Mordaufrufe an Juden. In Paris wird ein Jude entführt, gefoltert und ermordet, weil er Jude ist. In Toulouse wird ein Anschlag auf eine Synagoge verübt. Auch in Worms wird eine Synagoge angezündet. In Malmö trauen sich Juden kaum mehr auf die Straße, viele wandern aus. In Hannover wird eine jüdische Tanzgruppe mit Steinen beworfen. In Rostock werden die Fenster des jüdischen Gemeindehauses zertrümmert. In Duisburg stürmen Polizisten eine Wohnung um eine israelische Flagge vom Balkon zu reißen, von der sich der islamische Mob provoziert fühlt. In Bochum wird ein Student für das Tragen einer israelischen Fahne zu einer Geldstrafe verurteilt. In Kassel wird das Anbringen einer israelischen Fahne auf einem Informationsstand behördlich untersagt. „Tod Israel“ kann man auf Plakaten von Free-Gaza Demonstranten lesen, „Vergast die Juden“ ertönt es in Frankfurt.

Gleichzeitig ist die Dämonisierung Israels zur politischen Normalität geworden. Der UN Menschenrechtsrat arbeitet sich fast ausschließlich an Israel ab. Als der iranische Präsident kundtut, dass er Israel am liebsten aus den Geschichtsbüchern ausradieren würde, halten sich die Proteste in Grenzen.

Israel wird in aller Welt als „Apartheidstaat“ verleumdet. Der – überaus wirksame – Sperrzaun gegen die täglichen Selbstmordattentate wird als Pendant zur Berliner Mauer verurteilt.

Als der Angriff auf Israel (um nichts anderes handelt es sich bei dem Versuch, eine Blockade zu brechen, die verhängt worden ist, um den Waffennachschub für die Hamas einzuschränken) einer von türkischen Islamisten initiierten Flottille mit dem Tod von neun Djihadisten endet, hyperventiliert die Weltöffentlichkeit vor Empörung. Denn die türkischen Fanatiker waren schließlich nicht allein. Nützliche Idioten wie Henning Mankell, der schon zuvor Israel das Existenzrecht abgesprochen hatte, und Bundestagsabgeordnete der LINKEN waren mit an Bord.

Linke Pseudofeministinnen, die wegen eines fehlenden Binnen-I in der Stellenausschreibung einer Provinztischlerei auf der Stelle eine Petition an den Bundestag verfassen würden, ließen sich anstandslos von ihren arabischen Mitstreitern in ein eigenes Frauendeck sperren. Vom Wiener Gemeinderat bis zum deutschen Bundestag wurden einstimmig antiisraelische Resolutionen verabschiedet.

Die Schickeria erkennt die Zeichen der Zeit und stellt sich auf die Seite des politischen Mainstreams. Hollywoodstars wie Meg Ryan und Sänger wie Elvis Costello sagen lange geplante Auftritte in Tel Aviv ab, um nicht in den Verdacht zu geraten mit Israel zu sympathisieren. Letztlich läuft alles auf dasselbe hinaus: Als einzigem Staat der Welt wird Israel das Recht abgesprochen, sich zu verteidigen und seine Bevölkerung zu schützen.

Israel wird als Kolonialmacht denunziert, deren Existenz auf der Vertreibung der ursprünglichen Bevölkerung beruhe. Dabei hat Israel längst fast alle in den Verteidigungskriegen gegen seine arabischen Nachbarn eroberten Gebiete aufgegeben, vom Sinai bis zum Gazastreifen. Die Hoffnung „Land für Frieden“ blieb jedes Mal unerfüllt. Sowohl der Rückzug aus dem Libanon als auch jener aus Gaza wurde mit einer Welle von Selbstmordattentaten und fortdauerndem Raketenbeschuss vergolten. Warum die mangelnde Legitimierung Israels eine glatte Lüge ist, beschreibt Richard Herzinger in der NZZ:

„Israel wurde durch eine Abstimmung der Uno ins Leben gerufen – kein anderer Staat der Welt besitzt eine solch starke Legitimierung durch die internationale Gemeinschaft. Die Vorgeschichte seiner Gründung, die jüdische Siedlungswelle erst im Rahmen des Osmanischen Reichs, dann des britischen Mandatsgebiets Palästina in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts jedoch als eine feindliche Invasion intakten arabischen Gebietes hinzustellen, ist eine grobe Vereinfachung. Teile der arabischen Clans, die damals in Palästina das Sagen hatten, kooperierten durchaus bei dieser jüdischen «Landnahme». Erst die in den zwanziger Jahren entstandene palästinensische «Nationalbewegung», die später mit Hitler-Deutschland kooperierte, schürte den Hass gegen jegliche jüdische Präsenz in Palästina.

Wenig bekannt ist, dass es dort bereits Ende der zwanziger Jahre antijüdische – und keineswegs nur «antizionistische» – Pogrome gab. Auch jüdische Extremisten wendeten freilich Gewalt an, und nach dem Überfall arabischer Armeen unmittelbar nach der Gründung Israels kam es infolge der Kriegshandlungen zu israelischen Übergriffen gegen arabische Zivilisten. Einen systematischen israelischen Vertreibungsplan gegen die palästinensische Bevölkerung aber hat es nie gegeben. Die meisten Palästinenser verließen auf Druck und wegen falscher Versprechungen arabischer Führer das israelische Hoheitsgebiet. Wenn die palästinensische Seite jedoch auf ein pauschales «Rückkehrrecht» pocht, müsste auch von den 800 000 Juden gesprochen werden, die seit Israels Staatsgründung aus den arabischen Ländern vertrieben und vom jüdischen Staat integriert wurden.“

Die fortschreitende Delegitimierung Israels verläuft parallel zur Expansion des Islam nach der Gründung der Islamischen Republik Iran im Jahr 1979. Seit Khomeini breitet sich vom Iran eine besonders aggressive Spielart des politischen Islam über die ganze Welt aus. Heute ist Teheran der wichtigste Geldgeber der Hisbollah, die ebenso wie die Hamas die Auslöschung des Judenstaats in ihrem Programm hat. Abgesehen von den wahabistischen Extremisten in Saudi-Arabien ist Iran mittlerweile der mit Abstand wichtigste Financier islamischer Terroristen. Von allen Staatsmännern der Moderne ist Ahmadinejad der aggressivste und unverhohlenste Judenhasser seit Hitler. Er leugnet die Shoa und träumt von der Auslöschung Israels. Das macht ihn für politische Freunde wie Chavez nicht minder attraktiv, steht Ahmadinejad doch gleichzeitig an der vordersten Front gegen jenen Feind, den beide noch mehr hassen als Israel: Amerika.

Und hier schließt sich der Kreis. Das nachsichtige Wohlwollen, mit dem die Linke auf die theokratische Diktatur blickt, ist so alt wie die Islamische Republik selbst. Ende der 70er Jahre war das Schah-Regime bei den westlichen Intellektuellen so sehr verhasst, dass sie in den charismatischen Geistlichen, die so gar nicht dem aufklärerischen Ideal entsprachen, die Prototypen des postmodernen Revolutionärs sahen. Dabei lag der kleinste gemeinsame Nenner der internationalen Solidarität ausschließlich im Anti-Amerikanismus. Die verhinderten Revolutionäre von 1968 sind zehn Jahre später reihum dem revolutionären Charme der bärtigen Turbanträger erlegen.

Seither haben die Alt-68er in den Redaktionsstuben ganze Arbeit geleistet: bei einer Umfrage im Jahr 2003 sahen 59% der Europäer in Israel die größte Bedrohung für den Weltfrieden, dicht gefolgt von den USA. Dann erst folgten Nordkorea und Iran. Hinzu kommt die demographische Veränderung Europas. Juden sind in keinem europäischen Land eine nennenswerte Wählerschicht, Muslime in fast allen. Insbesondere die Sozialdemokratie hat die muslimischen Einwanderer als Klientel entdeckt, die es vor vermeintlicher Diskriminierung zu schützen gilt. Das Momentum des postmodernen Antisemitismus kommt aus dem Islam und – man muss es leider sagen – von links.

Die Dominanz der arabischen Staaten in der UNO ist in Verbindung mit dem Populismus westlicher Politiker für Israel hoch brisant. Dem Staat kommen seine Verbündeten abhanden. Die Türkei profiliert sich unter Erdogan immer mehr zur diplomatischen Speerspitze der islamischen Expansion, wird aber trotzdem vom britischen Premier Cameron umgarnt, der sich gemeinsam mit Erdogan gegen Israel stellt. Am Ausmaß der Demütigung Netanyahus bei seinem Besuch im Weißen Haus konnte man mit freiem Auge erkennen, wie sehr selbst die USA unter Obama auf Distanz gegangen sind. Und Kontinentaleuropa ist aus israelischer Sicht wohl schon längst eher Teil des Problems als Teil der Lösung.

Jeder Jude hat das Recht nach Israel zu ziehen, sei es auf der Suche nach Heimat oder auf der Flucht vor Verfolgung. Damit ist Israel der einzige Garant der Sicherheit der Juden, und zwar aller Juden weltweit. Als ein israelisches Kommando 1976 in Entebbe jüdische Geiseln, die zuvor ausgerechnet von deutschen Terroristen selektiert worden waren, aus der Gewalt Idi Amins befreite, ist das für alle Welt sichtbar geworden.

Wer die Existenz Israels als unabhängigen jüdischen Staat in Frage stellt, stellt gleichzeitig die Existenz aller Juden zur Disposition. Vieles deutet darauf hin, dass die physische Existenz der Juden seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr so gefährdet war wie heute. Niemand von uns wird einmal sagen können, er hätte nichts gewusst.

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Master of Desaster

Die deutsche Nahostpolitik verkommt nach dem Angriff von „Free Gaza“ Aktivisten auf Israel – und nichts anderes ist das Brechen einer Blockade nach internationalem Recht – zur populistischen Show.

Ein beleidigter Entwicklungsminister droht nach seiner „narzisstischen Kränkung“ mit Liebesentzug; ein orientierungsloser Außenminister versucht daheim billig Pluspunkte zu sammeln, indem er den Juden die Rute ins Fenster stellt. Was ist denn bloß mit der FDP los? Vermöllemannt sie jetzt komplett?

Der von Niebel selbst konstruierte Eklat wäre leicht zu verhindern gewesen:

… nach den vielen populistischen Äußerungen europäischer Politiker in Folge der verunglückten Kommandoaktion auf der Mavi Marmara musste die israelische Regierung durchaus fürchten, dass Niebels Besuch den Startschuss liefern würde für europäischen Polit-Tourismus nach Gaza. Und das hätte zweifelsohne auch die Hamas aufgewertet und ihre Herrschaft in Gaza mit einem Anschein von Legitimität versehen.

Es gab also gute Argumente, warum gerade ein deutscher Minister solch einen Stein nicht ins Rollen bringen sollte. Aber die haben Niebel offenbar wenig interessiert. Ihm reichte ein Bild mit Schaufel aus dem Westjordanland nicht, er wollte auch ein Bild mit Schaufel aus Gaza und bestand auf einem Besuch – den ihm die Israelis dann erwartungsgemäß verweigerten.

Ein Eklat wurde daraus aber erst, weil Niebel es nicht dabei bewenden ließ und – sehr ungewöhnlich unter Partnern – mit dem Disput an die Öffentlichkeit ging. (Clemens Wergin, WELT ONLINE)

Jede Regierung wusste Bescheid, dass Israel keine ranghohen Politiker nach Gaza einreisen lässt. Eine Ausnahme wurde in der Vergangenheit nur für den UN-Generalsekretär Ban Ki-moon und die EU-Außenministerin Catherine Ashton gemacht. Sicher hätte es Niebels Eitelkeit geschmeichelt, sich in diese ebenso illustre wie überschaubare Besucherschar einreihen zu dürfen. Und umso herber fiel wohl seine Enttäuschung aus, als er zur Kenntnis nehmen musste, dass er nicht in der selben Liga wie die Vorgenannten spielt. Hätte ihm doch irgendjemand vorher sagen können.

Würde man Niebel den Besuch in Gaza gestattet haben, könnte man auch keinem anderen Minister eines EU-Landes ein solches Ansinnen verwehren. Dass Israel kein Interesse an einem Aufmarsch von kritischen Freunden Israels hat, die der Hamas den Legitimationskasperl machen, ist mehr als verständlich. Die Reaktion Niebels gibt den Israelis im Nachhinein recht. „Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr“, konstatiert Lizas Welt trocken und belegt, wie die deutsche Regierung Israel mit zweierlei Maß misst und sich mit der Sache der Hamas-Terroristen gemein macht:

Schon der unablässige Ruf nach „internationalen Untersuchungen“, wenn man den jüdischen Staat mal wieder eines Verbrechens verdächtigt, ist ein Eingriff in Souveränität des Staates Israel und eine Anmaßung sondergleichen. Großbritannien hat gerade die Aufarbeitung seines „Bloody Sunday“ abgeschlossen, der Deutsche Bundestag unterhält einen Untersuchungsausschuss zur Bombardierung in Kundus – aber Israel soll seine Angelegenheiten gefälligst von vermeintlich übergeordneten Instanzen durchleuchten und regeln lassen. Auch die Forderung nach einer vollständigen Aufhebung der Gaza-Blockade, wie sie Niebels Parteifreund Guido Westerwelle erhoben hat – darin einig mit dem „Free Gaza“-Bündnis aus Islamisten und deren europäischen Claqueuren –, ist zutiefst vermessen. Und dies zumal vor dem Hintergrund, dass es die Unifil-Mission unter Beteiligung der Bundeswehr nicht vermocht hat, die Hizbollah an der Wiederaufstockung ihres Raketenarsenals zu hindern.

Fast einen Monat nach den Ereignissen auf der Mavi Marmara wissen wir, dass ein wesentlicher Teil der Blockadebrecher auf diesem Schiff keineswegs humanitäre sondern vielmehr terroristische Ziele verfolgt hat. Die Berichterstattung über den Einsatz hat das nur unwesentlich beeinflusst. Die öffentliche Verurteilung der Blockade des Gaza-Streifens ist sogar noch gestiegen. Schon erstaunlich, wie faktenresistent die veröffentlichte Meinung sein kann und wie schamlos sich die Politik zu ihrer Hure macht.

Darin besteht die größte historische Leistung der Palästinenser: Wie keine andere diskriminierte Volksgruppe haben sie es verstanden, sich durch Mord und Terror ins Zentrum der Weltöffentlichkeit zu stellen und sich auch noch deren Sympathie zu sichern. Und deren Gelder. Niemand leidet spektakulärer, niemand stirbt öffentlicher. Sie lieben den Tod mehr als das Leben: jeder Tote ein Märtyrer, jeder Märtyrer ein weiterer PR-Sieg.

Die eigenen Kinder werden skrupellos als militärischer Schutzschild missbraucht? Nebbich, wir haben ja genug davon. Die eigenen Leute werden über den Haufen geschossen, wenn sie sich gegen die Warlords stellen? Wen kümmert’s, wenn Muslime Muslime töten. Die eigene Regierung ist eine der korruptesten unter der Sonne? Was soll’s, die Geldquellen werden trotzdem nie versiegen.

Arafat ging es mitnichten um die Errichtung eines eigenen Staates sondern um die Aufrechterhaltung des palästinensischen Narratives zum Erhalt der eigenen Pfründe. Hamas und Hisbollah besorgen die Agenda der Muslimbruderschaft und des Iran und tun ihr Bestes, um Israel endlich „aus den Seiten der Geschichte zu löschen“ (© Ahmadinejad). Der Welt ist das egal. Sie liebt den David, nicht den Goliath. Und sie ist fest entschlossen, in den Palästinenser den David zu sehen.

Vor diesem Hintergrund ist es ein Skandal, wenn nicht gar der Auftakt zu einer Tragödie, dass sich Westerwelle – gewollt oder ungewollt – zum Affen der Hamas macht. Wer dafür eintritt, die Blockade aufzuheben, nimmt billigend in Kauf, dass sich die Hamas binnen kürzester Zeit mindestens so hochrüstet wie es die Hisbollah im Libanon unter Aufsicht der UNO getan hat – mit dem einzigen Ziel, Israel zu vernichten. Das Ende der Blockade ist der Beginn der Aufrüstung der Hamas. Und das fordert ausgerechnet ein deutscher Außenminister?

Dass Europa die einzige Demokratie im Nahen Osten im Stich lässt, ist unverzeihlich. Die Freiheit mag am Hindukusch verteidigt werden oder auch nicht. Vor Gaza wird sie es ganz sicher.

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Diese lästigen Juden

von CHARLES KRAUTHAMMER

Am 04.06.2010 erschien in der Washington Post der folgende Kommentar des Pulitzer-Preisträgers Charles Krauthammer, den  S t a n d p u n k t e  ins Deutsche übertragen hat.

Die Welt ist außer sich über Israels Blockade von Gaza. Die Türkei brandmarkt deren Unrechtmäßigkeit, Unmenschlichkeit, Barbarei, etc. Die üblichen Verdächtigen in den UN, aus Europa und der Dritten Welt stimmen ein. Die Obama Administration zaudert.

Aber, wie Leslie Gelb, der frühere Präsident des Rates für Auswärtige Beziehungen, schreibt, die Blockade ist nicht nur völlig vernünftig, sie ist auch völlig legal. Gaza hat sich unter der Hamas selbst zum Feind Israels erklärt – eine Erklärung, die durch mehr als 4.000 auf israelisches Wohngebiet abgefeuerte Raketen bekräftigt worden ist. Obwohl sie sich selbst der unaufhörlichen Kriegslust verschworen hat, beansprucht die Hamas die Opferrolle für sich, wenn Israel eine Blockade verhängt, um die Hamas daran zu hindern, sich mit noch mehr Raketen zu bewaffnen.

Im Zweiten Weltkrieg haben die Vereinigten Staaten – in vollem Einklang mit dem internationalen Recht – eine Blockade über Deutschland und Japan verhängt. Und während der Raketenkrise im Oktober 1962 blockierten wir Kuba (bzw. haben es „unter Quarantäne“ gestellt). Waffen tragende russische Schiffe haben Kuba angesteuert und machten kehrt, weil die Sowjets wussten, dass die U.S. Navy sie entweder entern oder versenken würde. Dennoch wird Israel für dasselbe, das John F. Kennedy getan hat, internationaler Verbrechen beschuldigt: eine Seeblockade zu verhängen, um eine feindliche Regierung daran zu hindern, in den Besitz tödlicher Waffen zu gelangen.

Oh, aber waren nicht die Gaza-Schiffe auf einer humanitären Hilfsmission? Nein. Sonst hätten sie Israels Angebot angenommen, die Güter in einen israelischen Hafen zu bringen, sie auf militärisches Material zu untersuchen und den Rest über Israel nach Gaza zu verladen – so wie jede Woche 10.000 Tonnen Lebensmittel, Medikamente und andere humanitäre Hilfsgüter von Israel nach Gaza geliefert werden.

Warum wurde das Angebot zurückgewiesen? Weil es der Flottille, wie die Organisatorin Greta Berlin zugegeben hat, nicht um humanitäre Hilfe ging sondern darum, die Blockade zu brechen – d.h. Israels Inspektionshoheit zu beenden, was unbegrenzten Seetransport nach Gaza und damit die unbegrenzte Bewaffnung der Hamas bedeuten würde.

Israel hat schon zweimal Schiffe abgefangen, die mit für Hisbollah und Gaza bestimmten Waffen aus dem Iran beladen waren. Welches Land würde das erlauben?

Aber was noch wichtiger ist, warum musste Israel überhaupt auf eine Blockade zurückgreifen? Weil die Blockade Israels letzte Zuflucht ist, nachdem die Welt systematisch seine traditionellen Abwehrstrategien delegitimiert hat – die Vorwärtsverteidigung und die aktive Verteidigung.

1.) Vorwärtsverteidigung („forward defense“): Als kleines, dicht bevölkertes Land, das von Feinden umgeben ist, hat Israel während seines ersten halben Jahrhunderts die Strategie der Vorwärtsverteidigung verfolgt – Kriege lieber auf feindlichem Territorium zu führen (wie Sinai und Golan) als auf seinem eigenen.

Wo immer es möglich war (zum Beispiel Sinai), hat Israel Land für Frieden eingetauscht. Doch wo die Friedensangebote abgeschlagen wurden, behielt sich Israel das Land als schützende Pufferzone. Folglich behielt Israel  einen schmalen Streifen vom südlichen Libanon, um die Dörfer in Norden Israels zu schützen. Und es nahm lieber hohe Verluste in Gaza in Kauf, als die israelischen Grenzstädte den palästinensischen Terrorangriffen auszusetzen. Es ist derselbe Grund, aus dem Amerika einen aufreibenden Krieg in Afghanistan führt: Du bekämpfst sie dort, damit du sie nicht hier bekämpfen musst.

Aber unter überwältigendem Druck von außen gab Israel das auf. Den Israelis wurde gesagt, die Besatzungen wären nicht nur illegal sondern auch die Wurzel der anti-israelischen Aufstände – und indem die Ursache dann beseitigt wäre, würde der Rückzug Frieden bringen.

Land für Frieden. Erinnern Sie sich? Nun, während der letzten Dekade gab Israel das Land – hat Süd-Libanon 2000 und Gaza 2005 verlassen. Was hat es bekommen? Eine Intensivierung der Kampfhandlungen, eine schwere Militarisierung auf Seiten des Feindes, vielfache Kidnappings, Grenzüberfälle und, aus Gaza, Jahre unablässiger Raketenangriffe.

2.) Aktive Verteidigung: Danach musste Israel zur aktiven Verteidigung wechseln – Kampfmaßnahmen, um die terroristischen Zwergstaaten im Südlibanon und Gaza, die sich nach Israels Rückzug wieder bewaffnet hatten, zu zerreißen, zu zerlegen und zu besiegen (um sich Präsident Obamas Beschreibung unseres Feldzugs gegen die Taliban und Al-Kaida auszuborgen).

Das Ergebnis? Der Libanon Krieg 2006 und die Gaza Operation 2008/09. Sie wurden mit einer neuerlichen Lawine von Schmähungen und Verleumdungen quittiert – von derselben internationalen Gemeinschaft, die zuvor Israels Land-für-Frieden Rückzüge gefordert hatte. Schlimmer, der UN Goldstone Report, der im Grunde genommen Israels Verteidigungsaktion in Gaza kriminalisiert und den Casus Belli weißgewaschen hat – den vorhergegangen grundlosen Raketenkrieg der Hamas – hat praktisch jede aktive israelische Verteidigung gegen seine selbst ernannten terroristischen Feinde delegitimiert.

3.) Passive Verteidigung: Ohne Vorwärts- und aktive Verteidigung bleibt Israel nur mehr die passivste und mildeste aller Verteidigungsstrategien übrig – eine Blockade, um schlichtweg die Wiederbewaffnung des Feindes zu verhindern. Und dennoch, eben in diesem Augenblick, steuert auch dies auf die internationale Delegitimierung zu. Sogar die Vereinigten Staaten bewegen sich mittlerweile in die Richtung, sie aufheben zu wollen.

Aber, wenn nichts davon zulässig ist, was bleibt dann übrig?

Ah, das ist der Punkt. Das ist der Punkt den sie alle verstanden haben, die Blockade brechende Flottille nützlicher Idioten und Terrorsympathisanten, die türkische Organisation an der Spitze, die sie gegründet hat, der automatische Chor der anti-israelischen Dritten Welt und der Vereinten Nationen, und die gleichgültigen Europäer, die schon ziemlich genug haben vom Judenproblem.

Was übrig bleibt? Nichts. Der genaue Punkt dieser unablässigen internationalen Kampagne ist es, Israel des Rechts jeglicher legitimen Form der Selbstverteidigung zu berauben. Weshalb sich, gerade erst letzte Woche, auch die Obama Administration in die Reihe der Schakale eingeordnet und vier Dekaden US-Praxis aufgehoben hat, indem sie eine gemeinsame Erklärung mit unterzeichnet hat, die Israels Besitz von Nuklearwaffen herausgreift – solchermaßen Israels absolut letzte Verteidigungslinie delegitimierend: Abschreckung.

Die Welt ist dieser ärgerlichen Juden müde, 6 Millionen – wieder diese Zahl – nahe am Mittelmeer, jede Einladung zum nationalen Selbstmord ablehnend. Dafür werden sie unablässig dämonisiert, isoliert und davon abgehalten sich zu verteidigen, sogar während die stärker engagierten Anti-Zionisten – im Besonderen der Iran – offen eine endgültigere Lösung, eine Endlösung, vorbereiten.

Englische Originalfassung (Washington Post, 04.06.2010)

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Israel in der Doppelmühle

Die „Free Gaza“ Flotte hatte militärische Ziele, keine humanitären. Die geplante Provokation war ein voller Erfolg für die Hamas und ihre Sympathisanten. Dabei war Israel von Anfang an in einer lose-lose Situation.

Der Reihe nach. Am 23. Mai setzt sich die internationale „Free Gaza Solidaritätsflotte“ mit 6 Schiffen von Griechenland und der Türkei aus Richtung Gaza in Bewegung. An Bord sind 10.000 Tonnen Hilfsgüter und jede Menge pro-palästinensischer Aktivisten, darunter zwei deutsche Bundestagsabgeordnete der LINKEN und der schwedische Schriftsteller Henning Mankell, der Israel erst im Vorjahr die völkerrechtliche Legitimität abgesprochen hat.

Eine Hilfsflotte für Gaza ist naturgemäß nur ein PR-Coup. So erfreulich manche Güter für die Einwohner von Gaza sein mögen, wirklich nötig sind sie nicht. In den letzten eineinhalb Jahren sind über Israel mehr als eine Million Tonnen Hilfsgüter nach Gaza geliefert worden, das ist fast eine Tonne pro Einwohner. Jede Woche rollen hunderte Trucks mit mehr als 15.000 Tonnen Ladung über die israelischen Grenzübergänge. In Gaza gibt es ein Schwimmbad mit olympischen Ausmaßen und ein Luxusrestaurant. Die Märkte sind reich bestückt, die Bewohner gut genährt, niemand muss hungern. Es gibt Schokolade aus der Türkei, deutsche Bonbons, italienische Pralinen. Das meistverkaufte Medikament ist Viagra. Was es nicht durch die israelischen Grenzkontrollen schafft, wird durch die Tunnels von Rafah aus Ägypten geschmuggelt. Autos, Treibstoff, Süßigkeiten, Drogen, Prostituierte. Und natürlich Waffen. Die Einwohner von Gaza leben unter widrigen Umständen, aber von einer humanitären Katastrophe kann nur dort eine Rede sein, wo die Hamas selbst sie verursacht.

Von Anfang an ist klar, dass es den Aktivisten nicht um Hilfe für Gaza geht: „Bei dieser Mission geht es nicht darum, humanitäre Güter zu liefern, es geht darum, Israels Blockade zu brechen“, wird das Angebot Israels abgelehnt, die Waren in Aschdod zu löschen und die Hilfsgüter nach der obligatorischen Prüfung nach Waffen und anderen verbotenen Gütern auf dem Landweg nach Gaza zu bringen. Auch der Vorschlag der Familie des vor Jahren von der Hamas entführten Gilad Shalit, sich bei der israelischen Regierung dafür einzusetzen, dass die Schiffe in Gaza anlegen dürfen, wenn sich die Aktivisten im Gegenzug bei der Hamas dafür einsetzten, Gilad Lebensmittel und Briefe zukommen zu lassen, wird brüsk zurückgewiesen.

Eine zentrale Rolle bei der Organisation der „Solidaritätsflotte“ kommt der türkischen, radikalislamistischen IHH zu, die neben ihren Hilfsaktivitäten die Hamas und Teile des globalen Dschihad unterstützt. Das größte Schiff, die Mavi Marmara, fährt unter türkischer Flagge. Bei der Einweihungszeremonie in Istanbul feiern unter anderen ein Führer der jordanischen Muslimbruderschaft, Hamam Said, und zwei Top-Terroristen der Hamas, Sahar Albirawi und Mahmad Tzoalha. An Bord werden islamistische Schlachtgesänge gesungen, berichtet Al-Jazeera einen Tag vor der Konfrontation mit der IDF: „Oh Juden, die Armee Mohammeds wird über euch kommen!“ Im selben Bericht erklärt eine Aktivistin prophetisch, warum die Mission in jedem Fall ein Erfolg werden wird: „Zurzeit sehen wir zweierlei glücklichem Ausgang entgegen: Märtyrertum oder Landung in Gaza.“

Israel lässt keinen Zweifel daran, dass es ein Durchbrechen der Blockade nicht dulden und die Schiffe unter allen Umständen stoppen werde, notfalls mit Gewalt. Zuvor hatten Schiffe der „Free Gaza“ Bewegung fünf Mal passieren dürfen. Dieses Mal kam das, wohl wegen der Größe der Flotte und der gesteigerten medialen Aufmerksamkeit, nicht in Frage. Noch Stunden vor dem Einsatz wiederholt das israelische Militär immer wieder das Angebot, die Hilfsgüter in Aschdod zu löschen und auf dem Landweg nach Gaza zu schaffen. Das Angebot wird unter lauten „Dschihad, Dschihad!“ Rufen mit einem herzhaften „Fuck You“ abgeschmettert.

Am frühen Morgen des 31. Mai entern israelische Truppen die Schiffe. Offensichtlich hatte das israelische Militär nicht mit massivem Widerstand gerechnet und den Einsatz eher wie eine robuste Polizeiaktion geplant. Die Soldaten tragen Paintball-Pistolen, leichte Waffen mit Plastikmunition. Für den Notfall sind sie mit Schusswaffen ausgerüstet, die sie nur einsetzen dürfen, wenn ihr Leben bedroht ist. Auf fünf Schiffen kommt es zu keinen nennenswerten Zwischenfällen.

Als sich Soldaten aus Hubschraubern auf die Mavi Marmara abseilen, stürzen sich „Friedensaktivisten“ mit Eisenstangen und Messern auf sie. Die pro-palästinensischen Kämpfer sind zahlenmäßig weit überlegen. Sie prügeln brutal mit langen, massiven Eisenstangen auf die Soldaten ein, stechen einen nieder, schleudern einen anderen auf ein ca. 10 Meter tiefer gelegenes Deck. Es gelingt ihnen, einen Israeli zu entwaffnen und mit dessen Waffe auf seine Kameraden zu schießen. Die Soldaten haben Angst gelyncht zu werden. Als sie sich scharfem Beschuss ausgesetzt sehen, eröffnen sie das Feuer. Am Ende sind 7 Soldaten verletzt (Schuss- und Stichwunden, Knochenbrüche), 2 davon schwer. Die Aktivisten beklagen 9 Tote und 45 Verletzte.

Noch bevor die Flotte in Aschdod eingelaufen ist, setzt die zu erwartende Welle der Empörung ein. Regierungen sind wahlweise schockiert, erschüttert oder bestürzt. Die Beurteilung des Einsatzes reicht von unverhältnismäßig bis abscheulich. Palästinenserpräsident Abbas spricht von Massaker und einem abscheulichen Verbrechen, die Hamas ruft zur Intifada vor israelischen Botschaften auf. In vielen Städten kommt es zu antiisraelischen Demonstrationen, oft auch zu gewalttätigen Ausschreitungen. Weder in Deutschland noch in Österreich ist eine einzige offizielle Stimme zu hören, die sich mit Israel solidarisch erklärt.

Die deutschsprachigen Medien berichten gewohnt „israelkritisch“. Als Beispiel sei hier nur ein Kommentar von Gudrun Harrer im STANDARD angeführt: „Im Grunde sind wir alle moralisch mitschuldig. Wer hat sich denn noch um den Gazastreifen gekümmert, an der freundlichen Mittelmeerküste gelegen, eine Bevölkerung zwischen dem inneren Hammer der Hamas und dem äußeren der israelischen Absperrung, kollektiv bestraft für das falsche Wahlergebnis und für die Präsenz von Extremisten nicht nur von Israel, sondern von der internationalen Gemeinschaft?“

Um soviel Stuss in einen Satz zu packen, muss man schon Nahost-Expertin sein. Keine tatsächliche oder vorgebliche Flüchtlingsgruppe wird von der Welt so sehr gehätschelt wie die Palästinenser. Um die Einwohner von Gaza kümmern sich unzählige NGOs und UN-Behörden, deren Mitarbeiter sich gegenseitig auf die Zehen steigen. Fast jeden Tag wird irgendwo auf der Welt eine Solidaritätskundgebung für Gaza organisiert. Auch wenn der Wahlkampf der Hamas mehr mit einem Putsch als mit westlichen Demokratievorstellungen gemeinsam hatte, haben die Bewohner doch mehrheitlich eine korrupte Bande von Terroristen gewählt, deren oberstes Ziel die Vernichtung Israels ist. Die internationale Gemeinschaft hat sie dafür aber keineswegs bestraft, sondern finanziert ganz im Gegenteil ihren Lebensunterhalt. Und zwar so erfolgreich, dass der Gaza-Streifen mit 5,03 Kindern pro Frau eine der höchsten Fruchtbarkeitsraten der Welt hat. Die Blockade als kollektive Strafe für ein falsches Wahlergebnis zu bezeichnen ist eine bösartige, bewusste Irreführung der Leserschaft. Ist diese Maßnahme doch von Israel und Ägypten nur ergriffen worden, um nach dem jahrelangen Beschuss Israels mit zehntausend Raketen den Waffennachschub wenigstens einigermaßen einzudämmen. Kein Raketenterror, keine Blockade. So einfach wäre das.

Woran wir im Grunde alle moralisch mitschuldig sind, ist etwas ganz anderes. Die voreingenommene Berichterstattung über den Nahost-Konflikt, die einseitige Fixierung der UNO auf Israel, eine internationale Staatengemeinschaft, die ständig den Druck auf eine einzige Partei des Nahostkonflikts erhöht  – das alles mag dazu beigetragen haben, dass Israel aus Rücksicht auf die internationalen Reaktionen nicht entschlossen genug vorgegangen ist. Natürlich ist die Operation völlig schief gelaufen. Warum waren die israelischen Dienste über die Kampfbereitschaft der Aktivisten im Unklaren? Warum war das Kommando nicht besser auf die Angriffe vorbereitet?

Doch lassen wir uns nicht täuschen. Hätte Israel die Aktion von vornherein mit angemessenen Mitteln durchgeführt und beispielsweise Blendgranaten und Tränengas eingesetzt, wären die Toten noch am Leben und die Verletzten noch gesund. Aber die internationalen Reaktionen wären mindestens so vernichtend ausgefallen. Entrüstet wäre der völlig unangemessene Gewalteinsatz gegen vermeintlich harmlose Friedensaktivisten angeprangert worden. Vielleicht sogar noch lauter als jetzt, wo wenigstens jeder sehen kann, wie brutal die Aktivisten über die Soldaten hergefallen sind.

Das ist das wahre Dilemma Israels. Wehrt es sich nicht, wird es von seinen Gegnern überrannt und vernichtet. Wehrt es sich, wird es von der ganzen Welt verurteilt. In Wahrheit hatte die Solidaritätsflotte das Spiel schon gewonnen, als sie in See gestochen ist. „Wer sich nicht wehrt lebt verkehrt“ gilt eben nicht für Juden. Genau das ist im Grunde unser aller Schuld.

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Weiterführende Links:

Backgrounder zur Gaza Flottille mit allen Hintegrundinformationen, herausgegeben von der israelitischen Kultusgemeinde in Wien

Die nützlichen Idioten der Islamofschisten, Leon de Winter

Botschaft des Staates Israel in Berlin

Kontinuierliche Berichterstattung: heplev

Videos vom Begleitschiff, vom Hubschrauber, an Bord (Messer), an Bord (Schießerei)

Aufgebrachte Narrenschiffe, Lizas Welt

Die dubiosen Passagiere, Boris Kálnoky (WELT)

Linke Gaza-Aktivisten schützen radikale Islamisten, Clemens Wergin (WELT)

Ein Schiff voller Narren, Richard Herzinger (WELT)

The Moscow Times, über Spirit of Entebbe (ganz tolle Analyse!)

Interview mit Prof. Giegerich (Inst. f. Öff. Recht, Uni Kiel), STANDARD

Interview mit Leon de Winter, Tages Anzeiger

Israel obeyed international law, Alan Dershowitz (Daily News)

Auszug aus dem o.a. Kommentar in Deutsch, Alan Dershowitz (STANDARD)

Volle Regale, leere Kassen, Gil Yaron (Achse des Guten) über das Leben in Gaza

Showdown auf der Mavi Marmara, Bahamas

Die Banalität des Guten, Lizas Welt

Those troublesome Jews, Charles Krauthammer (Washington Post)


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Eine Nacht in Dubai

Israel wird nicht mit den gleichen Maßstäben gemessen wie andere Länder. Auch die Reaktionen auf die Tötung eines terroristischen Waffenschiebers in Dubai zeugen von einer Doppelmoral, die auf antisemitischen Ressentiments beruht.

SPIEGEL ONLINE berichtet: »Nach New York, London, Madrid und Bali ist Zeit der wohlwollenden Kontrollen nun vorbei: Die USA wollen Muslime und arabische Staatsbürger bei der Einreise künftig eingehend überprüfen.

Seit 9/11 haben islamische Terroristen an die 15.000 tödliche Terroranschläge verübt. Die überwiegende Zahl der Attentäter war arabischer Herkunft. Für die Anschläge machen die US-Behörden neben radikalen muslimischen Religionsführern vor allem Staaten wie den Iran und Saudi-Arabien, aber auch andere arabische Staaten, die islamische Terrornetzwerke finanziell und logistisch unterstützen, verantwortlich.

Die Sicherheitskräfte würden arabische Staatsbürger künftig eingehend kontrollieren, sagte die Chefin der Homeland Security, Janet Napolitano: „Wir werden unsere Angestellten schulen, islamische Namen, Akzente und Gesichtszüge zu identifizieren“, sagte sie laut „Washington Post“. Bislang habe man Araber an Akzenten erkannt, aber „wenn sie europäische Pässe verwendeten, um hier einzureisen, haben wir das akzeptiert und sie als Europäer behandelt“.

Von nun an würde man bei Arabern mit doppelter Staatsbürgerschaft sehr vorsichtig vorgehen, bekräftige Napolitano laut „Gulf News“. „Araber dürfen keine Morde in unserem Land verüben.“ Konflikte von islamischen mit anderen Staaten dürften nicht in den Vereinigten Staaten von Amerika ausgetragen werden.«

Trotz dieser offensichtlichen Beleidigung werden weder Botschaften besetzt noch Fahnen verbrannt. Niemand protestiert gegen das ansonsten als rassistisch verpönte „ethnic profiling“, noch nicht einmal Claudia Roth fühlt sich an die Nürnberger Rassegesetze erinnert.

Der Grund dafür ist einfach: die oben zitierte Meldung ist natürlich insofern falsch, als es im Original um Dubai und Israelis geht statt um die USA und Araber. Und freilich ist nicht von den 15.000 islamischen Attentaten mit einem Vielfachen an Opfern die Rede, sondern von der Tötung eines führenden Waffenschiebers der Hamas, Mahmud al-Mabhuh. Wir werden uns also nach wie vor alle einträchtig ohne Gürtel und in Socken vor den Security-Schaltern anstellen.

Wie abgestumpft die Weltöffentlichkeit gegenüber antisemitischen Gemeinheiten mittlerweile ist, zeigt sich auch daran, dass es offenbar niemanden empört, wenn man Juden bei der Einreise in ein Land schikaniert und Beamte darauf schult, sie anhand „rassischer Merkmale“ als Juden zu identifizieren. Vielmehr entrüstet sich der französische Präsident Sarkozy: „Frankreich verurteilt alle Exekutionen. Nichts kann eine solche Methode rechtfertigen.“ Stellt sich die Frage, wozu dann der französische Geheimdienst DGSE seine „Alpha“-Einheiten unterhält, die einzig und allein dazu ausgebildet sind gezielte Tötungen vorzunehmen. Erst 2002 ist in Barcelona eine dieser intern „Homo“ genannten Aktionen aufgeflogen, als zwei schwer bewaffnete „Alpha“-Agenten zufällig von der spanischen Polizei verhaftet worden sind.

Wenn von Australien bis Deutschland israelische Botschafter einbestellt werden, darf die Europäische Union nicht zurückstehen: „Die EU verurteilt scharf den Umstand, dass die an dem Vorgang Beteiligten betrügerisch Pässe und Kreditkarten einsetzten, an die sie durch Diebstahl von Identitäten europäischer Bürger gelangten“. Hingegen ist es völlig in Ordnung, wenn ein EU-Staat Millionen an einen Verbrecher zahlt, um an gestohlene Bankdaten von tausenden unbescholtenen Bürgern zu kommen. Aber das ist eine andere Geschichte.

Die öffentlich zur Schau getragene Empörung über Israel ist schlichtweg verlogen. Immerhin waren geheimdienstliche Auftragsmorde im Kalten Krieg häufig genug, dass sie Literaten von John Le Carré bis Ian Fleming zu einem eigenen literarischen Genre inspiriert haben. Auch heute hat jeder bedeutende Geheimdienst Agenten „mit der Lizenz zum Töten“, auch wenn diese bei weitem nicht so glamourös sind wie 007. Robuste geheimdienstliche Einsätze sind in Demokratien zwar immer umstritten, aber nicht von vornherein unrechtmäßig, weil letztlich auch die Dienste der demokratisch legitimierten Führung und den rechtsstaatlichen Kontrollinstanzen unterliegen. Selbst wenn die Tötung eines Hamas-Waffenhändlers, der die Verantwortung für den Tod Dutzender israelischer Staatsbürger trägt, illegal ist – legitim ist sie allemal.

In den asymmetrischen Kriegen des 21. Jahrhunderts wird beinahe jeden Tag gezielt getötet. Dabei kommen unzählige unbeteiligte Zivilisten ums Leben, weil sich vor allem islamistische Kämpfer bevorzugt in der Zivilbevölkerung verstecken. Warum also ausgerechnet die weltweite Aufregung um einen toten Waffenschieber, der im Dienste einer Terrororganisation stand?

Leon de Winter kennt die Antwort: „Worum es hier geht ist der Umstand, dass Mahmoud al-Mabhouh – ein böser Mensch, um das noch einmal zu betonen – von Juden getötet wurde. Nicht von einer Drohne, nicht von Arabern. Nein, er wurde, angeblich, von einer Gruppe bestens trainierter cooler Juden getötet, die einfach ihre Häuser verlassen und sich verkleidet haben, um ihren Feind zu töten. Das ist es, warum diese Tötung die Aufmerksamkeit der westlichen Medien erregt – und von ihnen verurteilt wird.

Wenn wirklich der Mossad diese Tötung durchgeführt hat, sollte man ihm dazu gratulieren (und jeder anderen Gruppierung, die das getan hat, sollte ebenfalls gratuliert werden). Die Juden Israels werden nicht passiv auf die nächste Lieferung Raketen warten, die von der Hamas unter der Kontrolle von Mahmoud al-Mabhouh geschmuggelt wird. Eine Rakete aus einer Drohne abzufeuern richtet eine fürchterliche Schweinerei an und kann zum Verlust vieler unschuldiger Leben führen. In diesem Hotel in Dubai mussten sie nur die Laken wechseln.“ (pdf)

In der Tat ist die Präzision der Durchführung vielleicht ein Hinweis auf eine mögliche israelische Urheberschaft: Hätte eine palästinensische Gruppe den Anschlag begangen, hätte sie wohl das ganze Hotel in die Luft gejagt.

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Verliebt in die Täter

Die deutsche Täterverliebtheit, in der man für alles und jeden Verständnis zeigt, resultiert in einer notorischen Täter/Opfer Umkehr, die gerade beim Thema Israel besonders degoutant ist. Wo Palästinenser zu ewigen Opfern israelischen Unrechts hochstilisiert werden, sind antisemitische Ressentiments nicht weit.

Eine (unerwünschte?) Nebenwirkung der ausgeprägten Holocaust-Erinnerungskultur ist die fortschreitende Exkulpierung der deutschen Täter, deren tatsächliche Verbrechen durch die vorgeblichen ihrer entkommenen Opfer relativiert werden.

Kaum ein deutschsprachiges Medium wartet mit einer ausgewogenen Nahost-Berichterstattung auf und die Suche nach dezidiert Israelfreundlichen Intellektuellen im linksliberalen Milieu gleicht jener nach der sprichwörtlichen Nadel im Heuhaufen. Das deutsche Feuilleton ist in die Palästinenser verliebt wie Kara Ben Nemsi Effendi in Hadschi Halef Omar, darum klingen die SPIEGEL-Berichte von Ulrike Putz aus dem Gazastreifen auch wie Karl Mays Erzählungen vom wilden Kurdistan.

Der Schreibtischtäter von heute hofiert Hamas und Hisbollah samt deren Sponsor Ahmadinejad und verklärt abgrundtiefen Hass und Vernichtungswillen zu verzweifelter Not und Ausweglosigkeit. Die Unverblümtheit, mit der die deklarierten Judenhasser, die ohne jeden Zweifel das Projekt eines eliminatorischen Antisemitismus betreiben, die Vernichtung Israels auf ihre Agenda setzen, ficht ihn nicht an. Denn der Täterverliebte glaubt dem präsumtiven Täter die geplante Tat selbst dann nicht, wenn dieser sie öffentlich ankündigt. Später wird er seinen Kindern einmal erzählen, er habe von nichts gewusst.

Liebe macht blind, heißt es, und manchmal macht sie eben auch dumm.

Dabei ist der verhängnisvoll Verliebte nicht unbedingt ein schlechter Mensch. Er trennt brav seinen Müll und kauft Gemüse aus biologischem Anbau. Sein Wunsch nach Frieden ist aufrichtig, nur dass er „Nie wieder Krieg von deutschem Boden“ als „Nie wieder Krieg“ verinnerlicht hat. Nach dieser verkürzten Logik ist nicht der unterdrückerische Aggressor das eigentliche Übel sondern der Krieg an sich. Das ist die endgültige Befreiung vom Stigma des Tätervolks: so zu tun als gäbe es gar keine Täter. Waren im Zweiten Weltkrieg nicht alle Opfer, irgendwie?

Wo keine Täter sind ist keine Schuld. Die Deutschen können den Juden Auschwitz nicht verzeihen, weil die natürliche Empathie mit den Opfern irgendwann an ihrem schlechten Gewissen erstickt ist. Seither sind Täter Opfer von Tätern, die Opfer von Tätern sind. Wo überall Opfer sind ist überall Schuld.

Doch Frieden ist keine moralische Kategorie sondern nur ein Zustand, der durch die Abwesenheit von Krieg gekennzeichnet ist. Der Begriff sagt nichts über die Lebensumstände der in Frieden Lebenden aus, nichts darüber, ob ein Volk in Freiheit und Prosperität lebt oder von seinen Herrschern geknechtet wird. Frieden herrscht in Norwegen ebenso wie in Nordkorea. Umso erstaunlicher ist es, dass wer in unseren Landen „für den Frieden“ eintritt, sich automatisch auf der moralisch überlegenen Seite wähnen darf. Wenn aber Frieden als oberster moralischer Imperativ herhalten muss, wird jede militärische Operation zum Verbrechen, unabhängig von Motiv und Ergebnis. In diesem Eintopf wird der Überfall auf Polen genauso gar gekocht wie die Landung in der Normandie. Nur wo nicht zwischen Aggression und Gegenwehr unterschieden wird, mag die Operation Cast Lead der IDF in Gaza schwerer wiegen als der Raketenterror der Hamas.

Der gemeine Nachkriegspazifist deutscher Prägung hat keinen moralischen Kompass. Er kennt nur den Unterschied zwischen Krieg und Frieden, nicht den zwischen Gut und Böse. Kein Wunder, dass er nicht zwischen Angreifern und Verteidigern unterscheiden kann und Terroristen mit Widerstandskämpfern verwechselt. Er liest von Steine werfenden Jugendlichen und selbst gebastelten Raketen auf der einen Seite und sieht die Bilder von Panzern und Soldaten in voller Kriegsmontur auf der anderen. Genug Information um sich wohlfeil zu entrüsten.

Für ihn wiegt der Frieden schwerer, als die gewalttätigen Exzesse der klerikalfaschistischen Taliban gegen die eigene Bevölkerung zu stoppen. Das Recht auf freie Meinungsäußerung auch gegenüber einem verhetzten islamischen Mob einzufordern hält er für eine rechtsradikale Provokation. Seine Priorität liegt in der Gewaltvermeidung um jeden Preis, selbst um den der bedingungslosen Unterwerfung. Aufgrund seiner moralischen Indifferenz erschöpft er sich im Engagement für alles, was er für natürlich hält. Denn die Natur ist gut, nur der Mensch ist schlecht. Es braucht keinen Mut, um gegen Gentechnik, Atomkraftwerke und Pelzmäntel zu sein oder für Naturheilkunde, Klimaschutz und Bioeier. Angst reicht dafür völlig. „Nur net anstreifen“, nennt man das in Österreich: der Herr Karl braucht nicht zu kapitulieren, weil er nie für etwas gekämpft hat. Der Mitläufer als historische Konstante.

Dabei braucht er nicht einmal eigene Vorurteile zu entwickeln, die alten antiamerikanischen und antisemitischen Ressentiments tun’s auch: „Was du ererbt von deinen Vätern, erwirb es um es zu besitzen.“ Schmerzhaft treffsicher konstatiert Henryk M. Broder, dass es „für den deutschen Studienrat mit Hegel, Hesse und Hitler im Handgepäck eine Kränkung war, von einem Kaugummi kauenden Neger aus Alabama vom Nationalsozialismus befreit zu werden“.

Wenn Marx Recht hat, dass sich die Geschichte erst als Tragödie und dann als Farce wiederholt, wird der entschlossenste Antisemit seit Hitler ausgerechnet mit tatkräftiger Hilfe der deutschen Eliten aus Wirtschaft und Politik unter dem verständnisvollen Nicken des deutschen Feuilletons in den Besitz der Atombombe gelangen. Sollte er zu Ende bringen, worin unsere Vorfahren auf halbem Weg gescheitert sind, werden wir wieder jede Menge Gedenkstätten bauen. Dann wird unsere Zuneigung zu toten Juden nicht mehr von den lebenden gestört werden. Dann herrscht wieder Frieden im Land.

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Eine Armee im Recht

UNO locuta, causa finita: Israel hat sich in Gaza schwerer Kriegsverbrechen schuldig gemacht. Das Gegenteil ist wahr, sagt ein führender britischer Offizier: Die israelische Armee hat mehr dafür getan, die Unversehrtheit von Zivilisten in einer Kampfzone zu beschützen als jede andere Armee in der Geschichte der Kriegsführung.

Der UN-Menschenrechtsrat funktioniert wie eine Kommission über Kindesmissbrauch, die mehrheitlich mit Pädophilen besetzt ist. Er wird von Ländern dominiert, die ihrer eigenen Bevölkerung elementare Menschenrechte vorenthalten. Staaten wie Ägypten, China, Kuba, Russland oder Saudi-Arabien zählen zu den obersten Hütern der Menschenrechte. Die Ratsmitglieder legitimieren sich gegenseitig und sorgen dafür, dass keine Menschenrechtsverletzungen in ihren eigenen Ländern zur Sprache kommen.

Deswegen verhindern die afrikanischen und asiatischen Staaten eine Resolution über das hunderttausendfache Morden in Darfur,  deswegen gibt es keine Untersuchung der Übergriffe der Armee Sri Lankas bei der Beendigung des Bürgerkrieges mit den Tamilen. Ein Drittel der Sitze gehört zur Organisation der Islamischen Konferenz, die sich der Befreiung Palästinas verschrieben hat. Die OIC  fühlt sich in keiner Weise der UN-Menschenrechtscharta verpflichtet, sonder ersetzt sie durch die Kairoer Erklärung der Menschenrechte im Islam, die die Menschrechte den Gesetzen der Scharia unterordnet.

Kein Wunder, dass sich der Rat praktisch ausschließlich an Israel abarbeitet. Und auch kein Wunder, dass sich dieser „Unmenschenrat“ (© Thierry Chervel) auf den tendenziösen Goldstone-Report zum Gaza-Krieg stürzt wir ein Hund auf den Knochen.

Umso tiefer muss die Aussage eines verdienten britischen Offiziers die notorischen Israelhasser ins Mark getroffen haben. Der britische Colonel Richard Kemp mahnte ein, die Israelischen Streitkräfte mit denselben Maßstäben wie andere Armeen zu messen. ”Standpunkte” hat die Aussage von Col. Kemp ins Deutsche übersetzt:

Danke, Herr Präsident,

Ich bin der ehemalige Kommandeur der Britischen Streitkräfte in Afghanistan. Ich habe in der NATO und den Vereinten Nationen gedient; Truppen in Nordirland, Bosnien und Mazedonien kommandiert; habe am 1. Golfkrieg teilgenommen und seit der Invasion 2003 erhebliche Zeit im Irak verbracht und zum Thema internationaler Terrorismus für das „ Joint Intelligence Committee“ der Regierung des Vereinigten Königreichs gearbeitet.

Herr Präsident, auf der Grundlage meines Wissens und meiner Erfahrung kann ich folgendes sagen: Während der Operation Cast Lead hat die Israelische Armee mehr getan, um die Rechte von Zivilisten in einer Kampfzone zu schützen, als jede andere Armee in der Geschichte der Kriegsführung.

Israel tat dies, während es einem Gegner gegenüber stand, der sein Militär absichtlich hinter einem menschlichen Schutzschild der Zivilbevölkerung positioniert hat.

Hamas und Hisbollah sind Meister darin, Ihre Agenda in den Medien voranzutreiben. Beide haben immer Leute bereit, die Interviews geben, in denen die Israelischen Streitkräfte für Kriegsverbrechen verurteilt werden. Sie sind darin geübt, Vorkommnisse zu inszenieren und zu verfälschen.

Die IDF (Israeli Defence Forces, Anm.) ist vor eine Herausforderung gestellt, der wir Briten uns nicht im selben Ausmaß zu stellen haben. Es ist der Pawlowsche Reflex von vielen in den internationalen Medien und den internationalen Menschenrechtsgruppen, automatisch anzunehmen, dass die IDF im Unrecht ist und die Menschenrechte verletzt.

Die Wahrheit ist, dass die IDF außerordentliche Maßnahmen ergriff, um die Zivilsten aus Gaza über ins Visier genommene Ziele zu verständigen, indem sie über 2 Millionen Flugblätter abgeworfen und mehr als 100.000 Anrufe getätigt hat. Viele Einsätze, die militärische Einrichtungen der Hamas ausschalten hätten können, wurden abgebrochen um zivile Opfer zu vermeiden. Während des Konflikts gestattete die IDF ein gewaltiges Ausmaß an humanitärer Hilfe in Gaza. Dem Feind praktisch Beistand zu leisten, ist für einen Militärtaktiker normalerweise völlig undenkbar. Aber die IDF hat diese Risiken auf sich genommen.

Trotz alldem wurden natürlich unschuldige Zivilisten getötet. Krieg ist Chaos und voller Versehen. Es hat Versehen der Briten, Amerikaner und anderer Streitkräfte in Afghanistan und im Irak gegeben, von denen viele auf menschliches Versagen zurückgeführt werden können. Aber Versehen sind keine Kriegsverbrechen.

Mehr als irgendetwas anderes waren die zivilen Opfer die Konsequenz aus der Art, wie die Hamas kämpfte. Die Hamas hat mit voller Absicht versucht, ihre eigenen Zivilisten zu opfern.

Herr Präsident, Israel hatte keine andere Wahl als seine Bevölkerung zu verteidigen und die Hamas zu stoppen, sie mit Raketen anzugreifen.

Und ich sage es noch einmal: Die IDF hat mehr getan, um die Interessen von Zivilisten in einer Kampfzone zu schützen, als jede andere Armee in der Geschichte der Kriegsführung.

Danke, Herr Präsident.

Mündliche Aussage von Colonel Richard Kemp
für UN Watch vor dem UN-Menschenrechtsrat,
12. Sondersitzung vom 16.10. 2009,
Debatte über den Goldstone Report

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